NEUE WEGE

© Stadtarchiv Marburg

Die Straßenbeschilderung musste nach den Eingemeindungen in vielen Orten neu gemacht werden. Cyriaxweimar, September 1974.

Neuland betreten

Dass sich etwas in der Verwaltung der eingemeindeten Dörfer verändert hatte, merkte die Bevölkerung schnell, wenn sie neue Papiere brauchte oder Anträge stellen wollte. Dazu mussten nun alle nach Marburg reisen. In einer Sonderbeilage der „Oberhessischen Presse“ zur Gebietsreform vom 28. Juni 1974 listete die Stadt Marburg nicht nur alle Adressen der Verwaltungsämter, sondern auch jedes Stockwerk im jeweiligen Gebäude auf. Dies sollte den Bürger*innen der Außenstadtteile das Zurechtfinden erleichtern. Die Ortsvorsteher*innen spielten und spielen eine große Rolle bei der Vermittlung zwischen Bürger*innen und der Stadtverwaltung. Da man mit seinen Anliegen nicht mehr einfach direkt beim Ortsbürgermeister vorsprechen konnte, halfen sie oft bei der Frage, welches Amt bei welchem Problem überhaupt zuständig war. Ein Zeichen dafür, wie sich die Kommunikationswege geändert hatten.

© Stadtarchiv Marburg

Die Lokalpresse brachte zur besseren Orientierung im Sommer 1974 eine mehrseitige Sonderbeilage heraus.

Anders aufgestellt

Auch bei der Stadtverwaltung gab es Veränderungen. Großen Aufwand erforderte die Ausgliederung vormals städtischer Ämter an den Landkreis Marburg- Biedenkopf. Dies betraf unter anderem die Kfz-Zulassungsstelle und das Gesundheitsamt. Die fest angestellten Stadtbediensteten bekamen mit der Gebietsreform den Landkreis als neuen Dienstherren. Auch die festen Verwaltungen aus den größeren neuen Stadtteilen wie Cappel mussten mit der Reform in die Marburger Stadtverwaltung eingegliedert werden. Dies konnte nur nach und nach geschehen, um persönliche Härten für über- zählige Angestellte zu vermeiden. Diese bestehenden ‚alten‘ Ämter in den neuen Stadtteilen bildeten deshalb anfangs ‚Außenstellen‘ der städtischen Verwaltung.

„Wir in Ockershausen haben natürlich dann auch dafür gekämpft, obwohl wir ja schon lange eingemeindet sind, dass auch bei uns ein Ortsbeirat gestellt würde. Und das wurde dann ja auch bewilligt.“

Ursula Schulze-Stampe, Zeitzeug*innen-Interview, Juli 2024